Im Frühjahr 2008 wurde die HOPPE architekten Ziviltechniker Ges.m.b.H. mit der Erstellung einer umfassenden Studie zur Neu- und Umgestaltung der Fassaden des Bauteil A sowie des Um- und Ausbaus des daneben liegenden Bauteils BIWI beauftragt. Dazu wurde der Bestand einer umfassenden architektonischen und bauphysikalischen Bewertung unterzogen.
Bestandsanalyse
Die bestehenden Fassaden des Hauptgebäudes, sowie des vorgelagerten Nebengebäudes, entsprachen, trotz ihrer unbestrittenen gestalterischen Qualität zum Zeitpunkt der Ausführung durch Arch. Schwanzer im Jahre 1963 bzw. Arch. Nairz im Jahre 1990, in Oberfläche, Erscheinungsbild und Bauphysik nicht mehr den gegenwärtigen Anforderungen an eine zeitgemäße Gebäudehülle.
Die außen liegenden Jalousien waren überaus schadensanfällig und verursachten hohe jährliche Wartungs- und Reparaturkosten. Auch entsprachen sie nicht mehr den aktuellen gesetzlichen Anforderungen an den Blendschutz für Bildschirmarbeitsplätze. Darüber hinaus wurde durch thermographische Untersuchungen festgestellt, dass durch fehlende Wärmedämmung hinter den Jalousiekästen ein hoher Wärmeverlust entsteht.
Der bestehende Veranstaltungsbereich im 1.OG des vorgelagerten Zubaus war nur über das Erdgeschoß zu erreichen und nicht an die Haupterschließung des Hauptgebäudes angebunden, was als funktionales Defizit bemängelt wurde. Auch bedurfte das Foyer einer zeitgemäßen Erweiterung mit einem Bar- und Cateringbereich.
Entwurf und Ausführung
Ziel der Neugestaltung der beiden Bauteile des WKO Campus war, die mittlerweile in die Jahre gekommene Materialität der Fassade zeitgemäß zu überlagern, dabei jedoch deren eigenständige, klare und kubische Architektursprache zu erhalten.
Dazu wird der Fassade eine zusätzliche Ebene aus, auf das Fassadenraster abgestimmten, Metallpaneelen mit dahinter liegender bauphysikalisch optimierter Wärmedämmschicht vorgesetzt. Es kommen vier ähnliche, leicht abgestufte Farbtöne (zwei Standardfarben, zwei Sonderfarben) zum Einsatz, die mittels eines computergenerierten Scripts auf der Fassade verteilt werden. Dadurch, sowie durch die feine regelmäßige Rasterung, wird eine dezente interne Differenzierung der eigentlich flächig wirkenden Fassade erreicht.
Die glatte Oberfläche der Metallpaneele betont durch den leichten, farblich abgetönten Glanz die guten Proportionen des bestehenden Baus und bringt diesen im rauhen Stadtgefüge des Wiener Gürtels besser zur Geltung.
Vor den vorhandenen Fenstern werden jeweils zwei semitransparente bewegliche in der äußeren Fassadenebene liegende Sonnenschutzelemente zum Einsatz. Diese von den Nutzern frei positionierbaren Elemente durchbrechen die Blockhaftigkeit der bestehenden Fensteranordnung und unterstützen damit den gewünschten Effekt der pixelhaften Auflösung der Fassade.
Veranstaltungswürfel BIWI
Der Fassade des vorgelagerten Veranstaltungswürfels BIWI wird durch eine neue vorgesetzte Metallfassade mit geringem Aufwand nachhaltig verändert und farblich akzentuiert.
Um eine direkte Verbindung zwischen dem Hauptgebäude und dem Veranstaltungsbereich herzustellen wurde der bestehende eingeschossige Zwischenbauteil um ein Geschoß aufgestockt und mit einer neuen Stahlglaskonstruktion versehen, die einerseits als großzügiger Übergangsbauteil und andererseits als Erweiterung des bestehenden Foyers des Veranstaltungssaals dient. Die verbleibenden Bereiche des ehemaligen Flachdachs werden nun diesem Bereich als Terrassen zugeordnet.
Durch gute Kooperation mit der ausführenden Firma gelang es, die Konstruktion trotz der rigiden Brandschutzvorschriften schlank und elegant zu halten. Der neue verglaste Bereich wurde mit beweglichen elektronisch gesteuerten Sonnenschutzlamellen gegen den sommerlichen Hitzeeintrag ausgestattet.
Zusammenfassung
Durch die vorgenommen Eingriff wurden nicht nur eine stark verbesserte Nutzbarkeit sowie die Verbesserung des Stadtbildes erreicht, es konnten auch die Energiekennwerte deutlich reduziert werden. Die Energiekennzahl konnte von 64 kWh/m2a vor dem Umbau auf 49 kWh/m2a reduziert werden. Der Gesamtheizwärmebedarf wurde von 627.751,00 kWh/a vor dem Umbau trotz Vergrößerung der Kubatur auf 488.620,26 kWh/a verringert. Auch im Sommer können neben der deutlichen Verbesserung der Behaglichkeit auch Einsparungen der Kühlkosten durch Reduzierung des Kühlwärmebedarfes bis über 15% erreicht werden!
Sonnenschutz
Die beweglichen perforierten Fassadenplattenelemente verdecken jeweils die obere oder aber die untere Fensterhälfte und können unabhängig voneinander zentral von der Gebäudeleittechnik oder individuell von den jeweiligen Nutzern gesteuert werden. Bei Bedarf können sie zur Gänze hinter die Fassade gefahren werden, sodass eine völlig freie Durchsicht nach Außen hin möglich ist. In der unteren Position bieten die Fassadenplatten neben dem gewünschten Schutz gegen sommerliche Überwärmung auch einen optimalen Blendschutz für Bildschirmarbeitsplätze, besonders im Winter bei tiefem Sonnenstand.
In enger Zusammenarbeit mit unserem Konsulenten, Bauklimatik GmbH gelang es uns Problemstellungen des Sonnen- und Blendschutzes, der Verschattung und Verdunkelung sowie den Schutz vor Überhitzung zu entwickeln. Das außenliegende bestehende Jalousiesystem wurde dadurch im Zuge der Sanierung durch ein neues dreischichtiges Gesamtsystem ersetzt:
– vertikal verschiebbare semitransparente Fassadenelemente in der äußeren Fassadenebene
– thermisch verbesserte Aluminiumfenster mit optionaler Folie
– innen liegende Rollos als zusätzlicher transparenter Blendschutz oder als Möglichkeit der Verdunkelung.
Der Lochanteil der Fassadenelemente wurde in Simulationen durch folgende Zielvorgaben optimiert:
– maximaler Blendschutz zu jeder Jahreszeit
– deutliche Verringerung der Kühllast durch maximale Verschattung unter Berücksichtigung des mindesterforderlichen natürlichen Arbeitsplatzbeleuchtung
– Blendschutz im Winter inkl. Maximierung der solaren Gewinne durch geteiltes Verschattungssystem (s. Abb. Winterfall)
Durch diese 3 Ebenen ist es jedem Mitarbeiter möglich, seinen Arbeitsplatz entsprechend der Lichtsituation auf seine Bedürfnisse individuell abzustimmen.
Die außen liegenden semitransparenten Fassadenelemente sind zu jeder Jahreszeit energetisch optimiert und bieten für den Nutzer volle Flexibilität hinsichtlich des Blendschutzes für die Bildschirmarbeitsplätze. Mit der innenliegend angebrachten Sonnenschutzfolie können die Räume abgedunkelt werden, wobei die vom Arbeitsinspektorat geforderte Durchsicht sichergestellt bleibt. Weiters kann auch diese Sonnenschutzfolie bei sehr tiefstehender Sonne als zusätzlicher Blendschutz herangezogen werden.
Im Bereich der Nordfassade wurden die Maßnahmen reduziert, da hier die direkte Sonneneinstrahlung keine Bedeutung hat. Die beweglichen Fassadenelemente werden in stark verringertem Masse ausgeführt. Verdunkelung und Blendschutz wird weiterhin über die Rollos gewährleistet.
Bei der größten Wärmebrücke der Fassade wurden die Jalousiekästen ohne Wärmedämmung direkt an die Stahlbetonfassade montiert, Hier konnte mit geringem Aufwand diese ca. 100m2 große Wärmebrücke behoben werden: durch Aufbringen einer 12cm mineralischen Fassadendämmplatte wurde der ermittelte U-Wert von 5W/m2K verbessert. Durch weitere Nachbesserungen der Luft- und Winddichtigkeit im Bereich der Fensteranschlüsse sowie ein Überdämmen der Fensterrahmen konnten weitere Wärmebrücken eliminiert werden.
1180 Wien
Arch. Dipl.-Ing. MArch. AA. Dist.